Archiv zur Dokumentation Jüdischer Kultur und Geschichte

Documentary-Archive of Jewish Art and History

 

Das Speisegesetz:

Eine knappe Erklärung zum Begriff KASCHRUT

von Chaim FRANK

Es gibt kaum ein anderes Volk welches derartige Speisevorschriften angenommen hat und diese bis heute einzuhalten bereit ist.

Was heißt Koscher?

»Kaschrut«, mit dem Wortstamm »koscher« (kascher), bedeutet tauglich bzw. 'rein' für den Genuss; also zum Verzehr geeignet. Darüber hinaus können auch Stoffe (Tallit, Kleider, usw.), bestehend nur aus reinen Naturfasern, Essgeschirr, religiöse Gegenstände, ja selbst die Thora-Rollen (diese müssen!) »koscher« sein, also 'rein' für den bestimmten Gebrauch.

Für Nichtjuden oder Laien mögen viele der einzelnen 'Reinheits-Gebote' zunächst verwirrend und undurchschaubar erscheinen, was aber jeder Kenner zurecht weit von sich weisen würde, denn jede tiefgläubige 'jiddische Mame' und 'Bobbe' hat das »Kaschrut« gewissermaßen in ihrem Herzen.

»Kaschrut«, das jüdische 'Speisegesetz', beinhaltet eine Fülle von Verboten und Geboten.

Maimonides (RaMBaM), unser große Lehrer des Judentums, hat dieses Gesetz folgend interpretiert: ''Die Speisegebote erziehen uns, unsere Lust zu meistern sie gewöhnen uns daran, das Wachsen unserer Begierde einzudämmen, die Vergnügungssucht zu mildem und die Neigung zu bezwingen, Essen und Trinken als Lebenszweck anzusehen» (Führer der Schwankenden. ID. Kap. 25)

Zunächst wollen wir einmal die wichtigsten Gebote/Verbote betrachten

Gebote für Frucht und Pflanzen.

• Mischung verschiedener Arten' - Man darf nicht zwei Arten Samen auf einen Acker oder in einem Weinberg säen. (Lev.19:19/ Dtn.22:19)

• 'Verbotene Frucht' - Früchte während der ersten drei Jahre nach der Pflanzung dürfen nicht gegessen werden. (Lev.19:23)

• 'Neues Korn' - Es darf kein neues Korn gegessen werden, oder Brot davon gebacken werden, ehe man am zweiten Pessach-Tag ein Omer Gerste dargebracht habe (Lev.23:14)

Milchig und fleischig

• „Du darfst das Böcklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen“ (Ex.23:19)

• Dieses Verbot erscheint dreimal in der Thora und es ist eines der wichtigsten Gesetze überhaupt. Diese Regel wird mit aller Strenge in einem jüdischen Haus beachtet; selbst in der Handhabung der Geräte, die sorgsam in 'fleischig' und 'milchig' nicht nur optisch, sondern auch räumlich getrennt werden

Gebote der Fleischnahrung

• Unterschied zwischen erlaubten und verbotenen Tieren:

• Von Vieh und Wild dürfen lediglich jene gegessen werden, die gespaltene Klauen haben und wiederkäuen. (Leviticus Deuteron.) Fisch wird nicht als Fleisch betrachtet. Es dürfen aber lediglich nur Fische mit Schuppen und Flossen gegessen werden. Der Aal z.B. gilt als verboten. Von den Vögeln darf nicht gegessen werden Adler, Eulen, Schwäne, Pelikan, Geier, Störche - sowie deren Brut und Gelege. (Lev.). Man isst also nur solche Vögel, die traditionell als rein gelten.

• Kriechendes und schleichendes Getier ist gänzlich verboten; das gilt besonders für Schlangen, Hummer, Krabben, Austern und natürlich werden auch keine Insekten und Würmer gegessen. (Lev.11:41).

• Verboten ist: die Milch von unreinem Vieh und Wild (wie z.B. Eselsmilch Eier und Brut unreiner Vögel sowie der Roggen unreiner Fische (z.B. Roggen des Stör oder Kaviar).

Das Schächten (rituelle Schlachten) der Tiere

Wer Fleisch essen will, der muss das Tier (nebech) zunächst töten, das ihm schließlich als Nahrung dienen soll um es dann zu schlachten. Schlachten bedeutet aber nicht einfaches Töten, in dem man das Tier bei lebendigem Leibe aufschlitzt, mit Genick oder Kopfschüssen zum Erliegen bringt oder sich vorher besäuft und dann auf das Tier eindrischt oder einfach den Kopf abschlägt. Dies alles ist nämlich im Judentum aufs Schärfste verboten!

Das Schächten der Tiere ist eine äußerst wichtige Angelegenheit, gehört zum wesentlichen Einhalten des Kaschrut und ist das Wichtigste überhaupt wenn es um den Genuss von Fleisch geht. Die Handhabung darf nur vom erfahrenen Schächter (Schochet) exerziert und vorgenommen werden. Für die sorgfältige Einhaltung und Durchführung der »Schechita« ist der Schochet mit seinem klaren Verstand, seinem Gewissen und seiner heiligen Überzeugung verantwortlich. Es gilt nämlich, das Tier nicht einfach zu töten, oder leiden zu lassen. Vor allem muss zuerst eine Beschauung stattfinden, dass das Tier nicht krank oder trächtig ist, und dass es keine inneren Verletzungen aufweist, zumal es im Judentum auch keine „Notschlachtung“ gibt.

Zunächst wird das Tier niedergelegt, eine unumgängliche Vorbedingung für den entscheidenden Schnitt, da das Tier nicht 'hingeworfen', sondern 'hingelegt' werden muss, um der Vorschrift nachzukommen: keine rohe Behandlung.

Das Schächten erfolgt durch einen, in einem Zug, blitzschnell ausgeführten Schnitt durch die Halsschlagader. Infolge des Nervenschocks und der abrupten Stockung der Blut- und somit Sauerstoffzufuhr zum Gehirn wird das Tier augenblicklich. bewusstlos. Dass dies die 'humanste' Form des Tötens eines Tiers darstellt, haben nicht erst in diesem Jahrhundert Gutachten tierärztlicher Experten bestätigt.

Nun, bevor der Schochet das Messer zum entscheidenden Schnitt ansetzt, prüft er dieses und weiht sozusagen seine Handlung, indem er von G'T den Mut und die Stärke erbittet, den rechten Schnitt zu setzen, damit das Tier nicht leidet oder Schmerz empfindet.

Nach der Schechita wird das Messer gereinigt und zusätzlich untersucht, ob es sich im gleichen guten Zustand befindet, also keine Scharte aufweist. Sollte auch nur eine, selbst nur kleinste Bedingung, gleich gültig aus welchem Grund, nicht eingehalten, oder der Schnitt mit dem Messer nicht exakt getroffen worden sein, wird das Fleisch nicht zum Genuss freigegeben.

Übrigens kann Schochet nicht jeder werden. Er bedarf einer speziellen Ausbildung, auch zur veterinären Anatomie! Es liegt daher klar auf der Hand. Dass neben dem Beschneider (Mohel), auch der Schochet einen verantwortungsvollen Posten im jüdischen Gemeindeleben innehat. Zumeist wird es traditionell vom Vater auf den Sohn weitergegeben, was jedoch zuvor von einem Rabbinats-Gericht jedes Mal abgesegnet werden muss.

Nach der Schechita und dem völligen Ausbluten erfolgt eine Fleischbeschau (Bedika). Das Blut von Vierbeinern und Federvieh darf überhaupt nicht genossen werden! (Lev.1742-14). Ein Schochet, der theoretisch und praktisch dazu ausgebildet wurde, weiß genau worauf er bei der »Bedika« zu achten hat. Schließlich erfolgt noch die vorschriftsgemäße Entfernung des 'Nerven- und Sehnenteils' am Hüftgelenk (dessen Fleisch von keinem orthodoxen Juden gegessen wird) (1.Mose 32,33), sowie das Ausschneiden der Talg- und Fettschicht (Chelev 'Alles Fett ist für den Herrn' (3. Mose 3,16)).

Erst dann wird das Fleisch für den eigentlichen Schlachter freigegeben, der es für den Verbraucher 'koschert'. Nach dem Schächten ist das Fleisch noch nicht völlig ausgeblutet und in vielen Gefäßen ist das Blut gestockt, was entfernt werden muss.

Dieses Entfernen der Adern und Häute, genannt 'Nikur' oder 'Porschen', bedeutet das eigentliche Koschermachen, bei dem der Schlachter seine Fingerfertigkeit unter Beweis stellen muss. Er darf das Fleisch nicht verschneiden und muss trotzdem alle Vorschriften befolgen.

Als nächstes hat die Hausfrau dafür zu sorgen, dass das Fleisch rein bleibt, bzw. noch 'besonders' koscher wird. Dies erfolg insofern, dass man das Fleischstück eine halbe Stunde wässert (Auswässern), anschließend eine Stunde Salz darauf einwirken lässt (Salzen) und schließlich wird alles nochmals abgewaschen (Begießen). Nun ist das Fleisch wortwörtlich 'koscher' und kann für das Essen zubereitet werden.

Natürlich wird auch hier, in der Küche überhaupt, das Reinheitsgebot sorgsam befolgt und die Hausfrau wird streng darauf achten, dass sie niemals Fleisch in einem Topf zubereitet, in dem einmal Milchiges gekocht wurde Das gleiche gilt auch für das Essgeschirr, sowie Essbesteck!

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Dies sind, mit knappen Worten umrissen, die wesentlichsten Informationen zum Thema »Kaschrut«, die gesamt gesehen auch für manche unorthodoxe Juden kompliziert erscheinen mögen. Bei strikter Einhaltung und Befolgung der Gesetze, gehen diese in eine alltägliche Gewohnheit über.

Vielleicht abschließend noch einige Bemerkungen:

Die Zusammenstellung der Gerichte für das Menü obliegt alleine den Hausfrauen. bzw. den Köchen und Köchinnen Sie werden sicherlich darauf achten kein Menü, bestehend aus einer Sauerrahm-Suppe, einem gegrillten Lammkotelett und schließlich als Nachtisch 'Bananen Tel-Katzir', das wiederum wie die Suppe aus 'Milch' besteht, zu servieren. Es wäre nicht nur beleidigend, sondern entspräche im besten Sinn des Wortes als 'streng un-koscher'. Denn zwischen Genuss von 'milchigen' und 'fleischigen' Speisen müssen mindestens 2 bis 8 Stunden liegen.

 

Quelle: 'Jüdische Kulturbühne', München

 

 

 


 
 

 

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